Schulsport – Maßnahmen zur Elterninformation

Erlass vom 21. 7. 1995 II B 4 – 170/80-27 – 
Erlass vom 20. 12. 1996 II B 4 – 170/80-64 – 
ABl. 2/97 S. 89

 

Die Bedeutung des Schulsports für eine gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen habe ich in dem Erlass „Organisation des Schulsports in Hessen“ dargestellt. Gleichwohl sind die Kürzungen gegenüber den Stundentafeln in diesem Fach nach wie vor besonders hoch. Offensichtlich wird die Tragweite der Versäumnisse in diesem Bereich noch immer nicht hinreichend erkannt und damit in ihren gesundheitlichen sowie auch ökonomischen Auswirkungen (Kosten des Gesundheitswesens) unterschätzt. Bei diesem Prozess kommt den Eltern eine entscheidende Rolle zu. Die Information der Eltern und der Öffentlichkeit ist deshalb von den Sportlehrerinnen und Sportlehrern verstärkt anzugehen. 

Bereits in den „Empfehlungen zur Förderung der Leibeserziehung in den Schulen“, die im Jahre 1956 von der Kultusministerkonferenz, den kommunalen Spitzenverbänden und vom Deutschen Sportbund formuliert worden sind, heißt es u. a.: 

„Die Elternschaft muss erkennen, dass die Schule sie nicht von der Pflicht entbindet, sich der Förderung der Leibeserziehung ihrer Kinder aus eigener Verantwortung zusätzlich anzunehmen“. Dreißig Jahre später, im Zweiten Aktionsprogramm für den Schulsport 1985, wird diese Forderung – aus gegebenem Anlass – fast wie ein alarmierender Appell formuliert: „Es ist für die weitere Entwicklung des Schulsports von besonderer Bedeutung, die Öffentlichkeit, vor allem die Eltern über die Bedeutung des Schulsport verstärkt zu informieren. 

Es ist vordringlich, das Problembewusstsein der Eltern durch ausführliche Informationen über die Bedeutung der Motorik für die Gesamtentwicklung des Kindes zu schärfen“. Abschließend heißt es im Zweiten Aktionsprogramm für den Schulsport: „Die Verwirklichung dieses Programms bedarf der verantwortlichen Mitwirkung der Eltern.“  

Verantwortliche Mitwirkung kann aber nur gelingen, wenn die beiden Partner – Schule und Elternhaus – Kontakte pflegen, Informationen austauschen und bereit sind, die Anliegen und Bedürfnisse des jeweils anderen Partners ernst zu nehmen. 

Die Aufgabenentwicklung, die sich daraus für alle Sportlehrerinnen und Sportlehrer ableiten lässt, hat neben dem erwähnten Hintergrund aber auch eine ganz aktuelle Dimension: 

Die gesellschaftlichen Veränderungen, der Strukturwandel in den Familien, der zunehmende Bewegungsmangel, die Verarmung selbstgestalteter Spielkultur und das Überhandnehmen des Fernseh- und (Spiele-) Computer-Konsums haben dem Schulsport neue Aufgaben gestellt. Hierüber gilt es, die Eltern zu informieren. 

Die Palette der Möglichkeiten, mit den Eltern in Kontakt zu treten und Informationen direkt oder indirekt an sie heranzutragen, ist vielfältig. Sie reicht von Sport-Elternabenden/Sport-Elternnachmittagen, über Sportgespräche und Podiumsdiskussionen (aus unterschiedlichen Anlässen) bis hin zu Sportrundbriefen und Sportveranstaltungen unter Beteiligung der Eltern. 

Welche der genannten Möglichkeiten im Einzelfall die richtige und passende ist, kann nur vor Ort entschieden werden. Wichtig ist aber, dass überhaupt der Versuch unternommen wird, den Kontakt mit den Eltern herzustellen. 

Die folgenden Beispiele erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern wollen lediglich Möglichkeiten aufzeigen, die sich in der Praxis bereits da und dort bewährt haben: 

1. Sport-Elternabend/Sport-Elternnachmittag: 

In der Regel finden Elternabende in Klassenzimmern oder in anderen Räumen einer Schule statt – zunehmend geht man aus „atmosphärischen“ Gründen auch in Gaststätten. In der Regel tragen der Klassenlehrer oder die Klassenlehrerin und/oder andere Lehrkräfte für die Klasse bedeutsame Sachverhalte vor, gelegentlich wird zu einer bestimmten Thematik referiert, im Anschluss findet meist eine Aussprache statt. 

Der Sport-Elternabend/Sport-Elternnachmittag hat seinen Platz in der Sporthalle. Er ist eine Mischung aus Information und angeleiteter Sportaktivität als exemplarisches Kennenlernen modernen Sportunterrichts. So können vor allem auch Vorurteile und unzutreffende subjektive Theorien (häufig abgeleitet aus eigenem Schulsporterleben) entkräftet werden. Ziel muss es in jedem Falle sein, die Einstellung der Eltern zum Schulsport und zum Sport ganz allgemein positiv zu beeinflussen. Informationen und Tipps zum Sporttreiben sollten diesen Prozess begleiten.  

Wegen bestehender Hemmschwellen einiger Eltern, einen Sport-Elternabend/ -nachmittag zu besuchen (evtl. gerade auch wegen der geplanten Mitmachaktion), ist die sorgfältige Vorbereitung einer solchen Veranstaltung besonders wichtig. Die Fachkonferenz „Schulsport“ – bei kleineren Schulen evtl. auch eine Arbeitsgemeinschaft der Schulsportleiterinnen und Schulsportleiter mehrerer Schulen – sollte das Thema deshalb sorgfältig vorbereiten. 

Die Bereitschaft der Eltern zur Teilnahme kann durch eine besonders gestaltete Einladung (origineller Text, ansprechendes Layout), die von der Schulleitung und der zuständigen/dem zuständigen Elternvertreterin/Elternvertreter gemeinsam unterschrieben wird, gefördert werden. Bereits mit der Einladung sollten erste Informationen zum Schulsport – geschickt „verpackt“ – mitgeteilt und der Wunsch, beim Sport-Elternabend/-nachmittag mehr darüber zu erfahren, geweckt werden. Wichtig ist, dass alle Eltern, auch diejenigen, die verhindert sind, Grundinformationen zum Schulsport erhalten. Von besonderer Bedeutung ist, dass sich nicht nur die Eltern der sportlich besonders begabten Schülerinnen und Schüler angesprochen fühlen, sondern auch diejenigen, für deren Kinder Bewegung, Spiel und Sport besonders wichtig ist. 

Die Vorbereitung und Durchführung eines Sport-Elternabends/-nachmittags bereitet zunächst sicher zusätzliche Arbeit. Deshalb ist es wichtig, im Rahmen von Fachkonferenzen oder schulübergreifenden Arbeitsgemeinschaften „griffige“ Materialien zu erstellen, um die Belastungen zu reduzieren. Ziel sollte die Erarbeitung einer „Servicemappe“ sein, auf die einzelne Lehrkräfte zurückgreifen können. Diese Servicemappe sollte enthalten: 

  • verschieden gestaltete Einladungsschreiben, 
  • in Kurzfassung aufbereitete Themen, die für Eltern besonders wichtig sind, z. B. 
    • Gesundheitsaspekte des Schulsports, 
    • Sportförderunterricht, 
    • Erziehung zur Teamfähigkeit durch Schulsport (Beitrag zur Gemeinschaftserziehung),
    • Zusammenhang von Motorik und Kognition,
    • Zusammenhang von Motorik und Unfallgeschehen (auch im Alltag),
    • Tägliche Bewegungszeit neben dem obligatorischen Sportunterricht,
    • Leistungsorientierung im Schulsport,
    • Spiel- und Sportfeste, Wettbewerbe,
    • Sport und Integration,
    • Gewaltprävention durch Sport,
    • Zusammenarbeit von Schule und Sportverein, usw. 
  • Beispiele für den Praxisteil, die von möglichst allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern als freudvoll und als erlebnisreich erlebt werden können, 
  • Anregungen für gemeinsame Sportaktivitäten in der Familie (z. B. Ausdauer- und Spielformen, Entspannungstechniken, Rückenschule). 

Zu den Sport-Elternabenden/-nachmittagen sollten auch die Lehrerinnen und Lehrer der anderen Fächer (möglichst auch die Schulleitung) eingeladen werden, um auch ihnen Gelegenheit zu geben, die Ziele und Möglichkeiten des Schulsports kennen zu lernen. Es geht dabei vor allem darum, auch in den Kollegien mehr Verständnis für den Schulsport zu wecken und sie dafür zu gewinnen, die bewegungsfreudige Schule zu schaffen. 

Als besonders günstig hat es sich auch erwiesen, außerschulische Experten, wie z. B. Schulärzte, Sportwissenschaftler und auch Vertreter des Sports (Sportkreise, Fachverbände) in die Veranstaltungen miteinzubeziehen. 

2. Sportrundschreiben, Faltblätter, Broschüren 

Sportrundschreiben, Faltblätter und Broschüren für Eltern sind eine weitere Möglichkeit, Informationen an die Eltern heranzutragen. Sie haben aber den großen Nachteil, dass es in der Regel „Einbahnstraßen“ sind, weil meist keine Reaktionen erfolgen und damit ein Informationsaustausch nicht stattfindet. Niemals können sie das Gespräch oder die persönliche Begegnung ersetzen – sind aber u. U. ein erster Einstieg in weitergehende Aktionen. 

3. Sportveranstaltungen/Spielfeste unter Beteiligung der Eltern 

Jede Sportveranstaltung, jedes Spielfest in der Schule sollte Anlass sein, auch die Eltern einzubinden. Gerade gemeinschaftsstiftende Anlässe, bei denen auch eine Identifikation mit der Schule stattfinden kann, bieten großartige Gelegenheiten für einen Gedankenaustausch über den Schulsport. 

Auch ein „bunter Abend des Schulsports“, wie er an einigen Schulen durchgeführt wird, bei dem die Eltern häufig nur in der (passiven) Zuschauerrolle sind, vermittelt nicht nur Einblicke in den Könnensstand der Schülerinnen und Schüler, sondern sorgt auch für ein 

sportfreundliches „Klima“ an der Schule. Besonders wertvoll sind Schulsportveranstaltungen, bei denen Eltern aktiv beteiligt sind, wie z. B. bei 

  • Sport- und Spielfesten, 
  • Familienolympiaden, 
  • Fitnesstag (en), 
  • Mach-mit-Aktionen, 
  • gemeinsamen Fahrradtouren mit Eltern, Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern, 
  • Verkehrserziehung/Sicherheitstage. 

Mit den vorstehenden Vorschlägen beabsichtige ich, den Schulsport an jeder Schule Hessens „ins Gespräch“ zu bringen. Die Beispiele sollen Anstöße zur Verbesserung der Elterninformation geben. Gleichzeitig erhoffe ich aber auch Rückmeldungen von den Sportlehrerinnen und Sportlehrern und den Fachkonferenzen über ihre Erfahrungen in diesem Bereich. Auf diesem Wege könnte dann eine „Landes-Servicemappe“ erstellt werden, die noch weitergehende Anregungen enthalten könnte. Ich bitte Sie deshalb ausdrücklich, sich an diesem Prozess zu beteiligen. 

Schicken Sie entsprechende Materialien, ausgearbeitete Programmvorschläge, Argumentationshilfen, Beispiele für gelungene Veranstaltungen usw. an Ihre Schulsportkoordinatorinnen und Schulsportkoordinatoren bei den Staatlichen Schulämtern. Schulaufsicht und HeLP begleiten diesen Prozess. Vorhandene Materialien usw. schicken Sie am besten sofort, sofern Sie angeregt wurden, das Thema aufzugreifen, bis zum Ende des Schuljahres 1996/97. Die „Landes-Servicemappe“ kann dann im ersten Halbjahr des Schuljahres 1997/98 erstellt werden.

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