Sportbrille ausgeschlossen

Artikel von Rudolf Germatz in der Zeitschrift “Erziehung und Wissenschaft” der GEW

 

Das Bundesveraltungsgericht hatte am 15. Dezember 1983 – 2 C 66/81 – entschieden, dass einem Sportlehrer Beihilfe zur Beschaffung einer Sportbrille nicht gewährt werden könne: Nicht der Ausgleich der Sehschwäche, sondern die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit mache die Sportbrille notwendig; das sei jedoch keine medizinische Notwendigkeit im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 der Beihilfevorschrift.

Dabei hatte das Gericht unterschieden zwischen der gesundheitlichen und der beruflichen Rehabilitation und herausgestellt, dass für die Frage der medizinischen Notwendigkeit nur der allgemeine Lebensbereich maßgebend sein könne, „d. h. die gewöhnlichen, im Regelfall vorkommenden Lebensbedürfnisse und Aktivitäten“.

Zur Abklärung der Rechtslage hat die GEW dann Rechtsschutz gewährt in einem Fall, in dem die Sportbrille nicht für die berufliche „Tätigkeit notwendig war, sondern als Voraussetzung zur Teilnahme an einer üblichen Lebensführung, zu der auch die sportliche Betätigung gehört.

Aber auch unter dieser Argumentation ist der Anspruch auf Beihilfe von den Verwaltungsgerichten abgewiesen worden.

Widerspruchsverfahren

Eine Beamtin hatte Beihilfe zu den Kosten einer Sportbrille für ihren Sohn beantragt, nachdem die vor vier Jahren während des Wehrdienstes erhaltene Sportbrille unbrauchbar geworden war.

Die Beihilfenstelle lehnte den Antrag ab: Derartige Aufwendungen seien grundsätzlich nicht beihilfefähig.

Im Widerspruch legte die Beamtin dar: Die Brille sei vom Augenarzt verordnet, sie sei notwendig, um ihrem Sohn die Teilnahme am normalen Alltagsleben zu ermöglichen, hierzu gehöre auch die Ausübung der von ihrem Sohn betriebenen Breitensportarten. Die Sportbrille sei auch unter ausschließlich objektiven medizinischen Aspekten nötig.

Das Gestell der Sportbrille sei biegsam, unzerbrechlich und biete auch durch eine Polsterung Schutz vor Verletzungen. Die Behörde wies den Widerspruch zurück.

Verwaltungsgerichtsverfahren

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat am 19. August 1986 die Klage abgewiesen, die Berufung jedoch zugelassen.

Das Oberverwaltungsgericht Hamburg hat am 26. Mai 1989 die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (OVG Bf I 19/87).

Urteil des Oberverwaltungsgerichts:

„… Nach § 3 Absatz 1 Nr. I HmbBeihVO a. F. sind – nach Maßgabe der folgenden Vorschriften – die notwendigen Aufwendungen zur Wiedererlangung der Gesundheit, zur Besserung oder Linderung von Leiden, zur Beseitigung oder zum Ausgleich angeborener oder erworbener Körperschäden in angemessenem Umfang beihilfefähig. Notwendig sind die Aufwendungen dann, wenn sie dazu dienen, die Gesundheit wiederzuerlangen, Leiden zu bessern oder zu lindern bzw. Körperschäden auszugleichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1975, BVerw-G Bd. 49 Seite 24).

Hinsichtlich einer Brille liegt die Notwendigkeit in diesem medizinischen Sinne dann vor, wenn die Brille erforderlich ist, um eine Sehschwäche auszugleichen …

Der Sohn der Klägerin hat bereits eine Brille, die seine Sehschwäche unter normalen Lichtverhältnissen ausgleicht sowie eine weitere Brille mit getönten Gläsern, die seine Sehschwäche bei besonderen Lichtverhältnissen ausgleicht. Die Sportbrille dient nicht dem Ausgleich der Sehschwäche des Sohnes der Klägerin, sondern wurde angeschafft, um die infolge der Ausübung bestimmter sportlicher Betätigungen bestehende Bruch- und Verletzungsgefahr, die eine normale Brille hervorrufen kann, nach Möglichkeit zu vermeiden oder auszuschließen. Dass es vernünftig und sinnvoll gewesen sein mag, zur Verminderung der Verletzungsgefahr eine Sportbrille, bei der die Bruchgefahr verringert ist, anzuschaffen, kann unterstellt werden.

Hieraus lässt sich jedoch die medizinische Notwendigkeit im Sinne der Beihilfevorschriften nicht ableiten, denn nicht der Ausgleich der Sehschwäche machte die Anschaffung der Sportbrille notwendig, sondern die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit, hier das Betreiben von Sport in Form von Fußball, Tennis und Squash. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich aus verschiedenen Lebensbereichen die Notwendigkeit verschiedenartiger Hilfsmittel zum Ausgleich desselben Körperschadens ergeben kann. Denn maßgebend für die Frage der medizinischen Notwendigkeit ist nur der allgemeine Lebensbereich, d.h. die gewöhnlichen, im Regelfall vorkommenden Lebensbedürfnisse und Aktivitäten. Hilfsmittel, die durch eine bestimmte Freizeitbeschäftigung erforderlich werden, fallen – ebenso wenig wie etwa die Anschaffung anderer spezieller Schutzgegenstände oder Kleidungsstücke, die ebenso der Verminderung der Verletzungsgefahr bei den jeweiligen Betätigungen dienen – nicht in den Regelungsbereich der Beihilfeverordnung. Sie überschreiten vielmehr den von ihr festgelegten Rahmen (vgl. BVerwG Urteil vom 15. Dezember 1983).

Die Praxis der Beklagten, für die Anschaffung von Sportbrillen bei Schulkindern Beihilfe zu gewähren, führt vorliegend auch zu keinem anderen Ergebnis. Bei Schulkindern gehört der Schulbesuch und die damit verbundene Teilnahme am Sportunterricht zum allgemeinen Lebensbereich, so dass eine mit der Situation des Sohnes der Klägerin vergleichbare Fallgestaltung nicht vorliegt (vgl. BVerwG Urteil vom 15. Dezember 1983) …

… Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Absatz 2 VwGO sind nicht ersichtlich.“

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